Exklusivinterview vor der Bundeskonferenz der Veranstaltungswirtschaft: Auf ihrem Weg nach Berlin machten Christian Seidenstücker, Alexander Ostermaier und Christian Eichenberger einen Zwischenstopp in der Messe Dortmund, um in der Talkshow „Around the world“, initiiert von NEXTLIVE.TV und der BOE INTERNATIONAL, noch einmal über die Notwendigkeit und Ziele der ersten Bundeskonferenz zu sprechen.
Die Pandemie versetzte Veranstaltungsplaner aus Wirtschaft und Industrie und die Veranstaltungswirtschaft selbst quasi von einem Tag auf den anderen in einen Ausnahmezustand. Denn was über Jahre und Jahrzehnte hinweg wie selbstverständlich galt – das Transportieren von Markenbotschaften über Live-Kommunikation und Experience-Marketing – wurde mit dem Veranstaltungsverbot über Nacht aus dem Kommunikationsmix von Marken und Unternehmen gestrichen.
Das brachte beide Lager in arge Probleme
Veranstaltungsplaner sowie Marketing- und Budgetentscheider aus Wirtschaft und Industrie standen nun plötzlich vor der Herausforderung, langfristig geplante und budgetierte Projekte – wie zum Beispiel Messen, Kongresse, Fachtagungen und Jahreshauptversammlungen, Produktpräsentationen und Roadshows – durch digitale Alternativen ersetzen zu müssen. Und zwar sehr kurzfristig.
Die gesamte Veranstaltungswirtschaft selbst – immerhin der sechstgrößte Wirtschaftszweig der Bundesrepublik Deutschland – kam über Nacht quasi vollständig zum Erliegen. Eine Branche mit mehr als 1,1 Millionen Beschäftigten in mehr als 230.000 Unternehmen sieht sich plötzlich in ihrer Existenz bedroht.
Jetzt fand in Berlin die erste Bundeskonferenz der Veranstaltungswirtschaft statt. Diese dient dazu, die Eventbranche als einen eigenständigen Wirtschaftszweig für Politik und Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Es geht weiter darum, die globale Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicherzustellen. Auf diese Weise sollen zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden. In Berlin wurden dazu am 28. Oktober erste, gemeinsame Ziele sowie zentrale politische Ideen und Forderungen formuliert.
Die Veranstaltungswirtschaft – heterogen facettenreich
Die Veranstaltungswirtschaft ist weitläufig auch als sogenannte Eventbranche bekannt. Wer dabei allerdings glaubt, hier gehe es um Partymacher, der irrt gewaltig, denn über 88 Prozent aller Events sind wirtschaftsbezogene Veranstaltungen. Mit rund 81 Milliarden Euro direktem Umsatz im Jahr (vor Corona) und 130 Milliarden Euro Umsatz inklusive der Peripherieumsätze ist die Veranstaltungswirtschaft der sechstgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands, der auch den wirtschaftlichen Erfolg benachbarter Branchen wie dem Gastgewerbe oder der Reisebranche unterstützt.
Konkreter Forderungskatalog der Bundeskonferenz
Die Bundeskonferenz der Veranstaltungswirtschaft soll jährlich stattfinden. Bei der ersten Tagung in Berlin wurden die Forderungen der Konferenz an die Bundesregierung übergeben. Der Katalog besteht aus 33 politischen Forderungen an die neue Regierung. Schon die fünf wichtigsten Ansprüche zeigen die noch immer bestehenden Probleme der Branche. Und dies trotz der bisherigen Hilfsbemühungen der Regierung.
- Die erste Forderung ist die Anpassung des Überbrückungsprogramms. Um der Veranstaltungswirtschaft eine Perspektive zu geben, soll dieses bis sechs Monate über das Ende aller Covid-19-Einschränkungen hinweg verlängert werden.
- Als zweites soll die Neustarthilfe ebenfalls verlängert werden auf über sechs Monate nach Krisenende. Schließlich haben Veranstaltungen einen Planungsvorlauf von bis zu zwölf Monaten, bevor eigene Umsätze für eine Stabilisierung sorgen können. Derzeit ist die Neustarthilfe zu gering und liegt unter Mindestlohn und Existenzminimum.
- Drittens wird die geplante Beendigung der Kurzarbeit am 31. Dezember 2021 zu weitreichenden Kündigungen ab Herbst führen. Wegen der andauernden Planungsunsicherheit fordert die Bundeskonferenz eine Verlängerung der Kurzarbeit ebenfalls bis sechs Monate nach Beendigung aller Corona-Beschränkungen. Das beinhaltet den vereinfachten Zugang, die erhöhten Sätze und die Übernahme von 100 Prozent der Sozialversicherungskosten – auch über das Corona-Ende hinaus.
- Viertens muss es einen sogenannten „Marshallplan“ für die Branche geben. Dieser muss ein Investitionsprogramm für Neustart und Ausfallkosten beinhalten.
- Fünftens wird ein Regierungsbeauftragter für die Branche verlangt, nach dem Vorbild des Beauftragten für Tourismus und Mittelstand.
Die Vertreter der Bundeskonferenz der Veranstaltungswirtschaft stehen fest
Die Veranstaltungswirtschaft mit ständiger Vertretung in Berlin: Auf der Bundeskonferenz wurden elf Vertreterinnen und Vertreter gewählt, die die Veranstaltungswirtschaft gegenüber Regierungsstellen repräsentieren werden.
- Jörg Steffen Balzert, Veranstaltungstechniker
- Sandra Beckmann, Selbstständige bei Event Kombinat Castrop-Rauxel
- Christian Eichenberger, Vorstandsvorsitzender der Party Rent Group AG
- David Eickelberg, Inhaber der Touchdown! Event Solutions,
- Marcel Fery, Vorstandsmitglied der TSE AG für Veranstaltungstechnik
- Alexander Franz, Kreistagsfraktionsassistent bei den Grünen
- Mike P. Heisel, Musik- und Medienmanager
- Kerstin Meisner, Herausgeberin beim memo-media Verlag
- Alexander Ostermaier, Mit-Initiator von #AlarmstufeRot und langjähriger Geschäftsführer von Neumann & Müller Veranstaltungstechnik,
- Bernard vom Bauer, Projektleiter bei Atmosphere Wiesbaden.
Die Relevanz der Veranstaltungswirtschaft für Marken und Unternehmen
„Around the World – An International Talkshow“: gemeinsam mit der BOE INTERNATIONAL, internationale Fachmesse für Erlebnismarketing, initiierte NEXTLIVE.TV eine internationale Talkshow mit 20 Folgen. Dabei sprachen sie unter anderem mit Vertretern von Marken und Unternehmen aus den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen und Zielmärkten der Veranstaltungswirtschaft in ganz Europa. Unter anderem waren zu Gast:
- Skoda – Rolf Schumann, Head of Global Marketing Communication
- Hunkemöller – Evelyn Post, Global Internal Communication Manager
- Cisco – Gerd De Bruycker, Marketing Director EMEA
- Grohe – Björn Hamacher Brand & Activation Leader, LIXIL
- IBM – Daniel Unkelhäußer, CDO DACH
- Bayer – Ulrike Tondorf, Head of Brand Activation & Engagement
- Siemens – Robert Sarcevic Vice President Communication Services
- Opel - Aimée van de Wijngaart, Brand Activation Manager Stellantis
- Capgemini – Mirre van Tilburg, Head of Events, Capgemini University
- LEGO – Andrea Fafliková, Head of PR, Communications & Events
Alle Vertreter dieser und anderer Marken waren sich branchenübergreifend bei einer Erkenntnis einig. Der Verzicht auf Präsenzveranstaltungen hat sie in den vergangenen 20 Monaten vor große Herausforderungen gestellt. Live-Kommunikation und Experience-Marketing bleiben ein elementarer und unverzichtbarer Bestandteil im Marketing-Mix, wenngleich digitale und hybride Formate künftig eine größere Rolle spielen werden. Diese sind allerdings eher als Ergänzung von Live-Events zu sehen.
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