Gemeinsam Stärke zeigen | Ilona Jarabek Business Talk mit Monika von Pechmann

Veröffentlicht am 15.10.2020
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EVVC Präsidentin Ilona Jarabek

Messe & Event: Frau Jarabek, seit 2015 – der EVVC feierte seinen 60. Geburtstag – sind Sie die neue Präsidentin vom EVVC – Europäischen Verband der Veranstaltungs-Centren e. V. In Ihrer Antrittsrede machten Sie seinerzeit deutlich, dass Sie Ihren eigenen Weg unter dem Motto „Bewährtes mitnehmen und Neues zulassen“ gehen werden. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2020, welche Ihrer damals gesetzten Ziele konnten verwirklicht werden?

Ilona Jarabek: Zunächst haben wir die Professionalisierung der Geschäftsstelle weiterverfolgt. Durch die Besetzung der neuen Position des hauptberuflichen Geschäftsführers mit Timo Feuerbach, flankiert mit dem Vorantreiben der Digitalisierung nach innen und nach außen, hat der EVVC eine neue Schlagkraft erhalten. Zum Stichwort „Bewährtes mitnehmen“ lässt sich sagen, dass wir unter anderem das Forschungsprojekt „Future Meeting Space“ mit dem GCB German Convention Bureau und weiteren Partnern fortgeführt haben und dies Anfang 2021 mit Phase 3 beenden werden. Die bewährte Management-Fachtagung wurde zur EVVC Fachtagung weiterentwickelt und neben der Geschäftsführung auch für andere Zielgruppen geöffnet. In diesem Jahr wurden daraus – aus aktuellem Anlass – die „Digitalen Fachtage“, die am 21. September 2020 gestartet sind und digitale Veranstaltungsformate zu ganz unterschiedlichen Themen anbieten. Neu hingegen sind die sogenannten Regionalforen im EVVC, die den Mitgliedern der Arbeitsgruppen I und II die Möglichkeit geben, sich in kleineren regionalen Gruppen – unabhängig von den großen EVVC-Tagungen – zu treffen und auszutauschen. Dieser Austausch ist aus meiner Sicht sehr wertvoll. Neu ist auch ein im vergangenen Jahr gegründetes Frauen-Führungskräfte-Netzwerk unter den Titel „Women in congress & event“. Wir bringen Frauen in verantwortungsvoller Position zusammen und bieten einen besonderen Rahmen für einen intensiven Austausch auf Augenhöhe. Dieses Projekt liegt mir persönlich sehr am Herzen. Nicht zuletzt durch die sehr engagierte Arbeit von Timo Feuerbach ist es uns gelungen, bestehende Kooperationen auszuweiten und neue Allianzen zu knüpfen – besonders in den coronabedingten Krisen-Monaten. So sitzen beispielsweise im „Forum Veranstaltungswirtschaft“ Vertreter von sieben deutschlandweit agierenden Verbänden, um gemeinsam für die Interessen der Branche zu kämpfen – dies war zu Beginn des Jahres noch kaum vorstellbar, weil viele Verbände zunächst immer nur die  Vorstellungen ihrer eigenen Mitglieder im Blick hatten. Der gemeinsame Auftritt der Veranstaltungsbranche in Berlin hat auch dazu geführt, dass der EVVC nach einer Expertise gefragt und an den runden Tisch geholt wird. Dafür haben wir viele Jahre gekämpft. Und auch im Themenbereich der Nachhaltigkeit konnten wir Allianzen und Kooperationen ausweiten: So wird die nächste „greenmeetings und events“-Konferenz in Kooperation mit dem VPLT (Verband für professionelle Licht– und Medientechnik) und dem ACB Austrian Convention Bureau stattfinden. Über die Allianz über unsere Bundesgrenzen hinweg freuen wir uns besonders und sind auf viele bereichernde Impulse aus Österreich gespannt.

Nach einem Rekordjahr 2019 für Business Events mit rund 423 Millionen Teilnehmern an Tagungen, Kongressen und Events bei einer gleich bleibenden Zahl von Veranstaltungen veränderte die Corona-Pandemie ab Mitte März schlagartig alles. Mit welchen Auswirkungen hatten Ihre Mitglieder zu kämpfen? Gab es Unterschiede in den einzelnen Bundesländern aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Vorgaben?

Wie die gesamte Veranstaltungsbranche weltweit, sind auch die Mitglieder und Partner des EVVC massiv betroffen. Über viele Monate hinweg fanden gar keine Veranstaltungen statt, alle Einnahmen sind weggebrochen, die laufenden Kosten blieben bestehen. Dies stellt jeden Betrieb vor enorme finanzielle Schwierigkeiten. Die kommunalen Häuser haben alle einen weit höheren Bedarf an Zuschüssen, wobei fraglich ist, ob alle Städte und Gemeinden dafür aufkommen können werden. Viele Partnerbetriebe sind unmittelbar von der Insolvenz bedroht, ein Großteil der Beschäftigten in der Branche ist in Kurzarbeit. Wenn jetzt auch kleinere Veranstaltungen wieder erlaubt sind, beschränken sich diese vielerorts auf Sitzungen der Gemeinde- und Stadträte oder Landtage, die die beteiligten Dienstleister und Vermieter weit hinter ihren Umsätzen zurücklassen. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben ist in Deutschland Ländersache und wird hier äußerst unterschiedlich interpretiert. So entsteht ein „Flickenteppich“ von verschiedenen Auslegungen, der es vielen Veranstaltern noch schwerer macht, Events zu realisieren – seien sie noch so klein. Wir benötigen dringend vertrauensbildende Maßnahmen für unsere Veranstalter und Gäste. Einheitliche Länderverordnungen wären ein wichtiger zukunftsweisender Schritt in diese Richtung.

Konnte die Branche aufgrund der bis 27. 8. 2020 erfolgten Lockerungen Erholung verzeichnen? Wie schätzen Ihre Mitglieder die zukünftige Geschäftsentwicklung ein?

Von einer echten Erholung kann keinesfalls die Rede sein, wenn auch in der jüngsten Vergangenheit wieder kleinere Veranstaltungen in sehr beschränktem Rahmen stattfinden konnten, die wirtschaftlich allenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Derzeit läuft eine aktuelle Umfrage unter unseren Mitgliedern zur Einschätzung der Lage und zu Prognosen für die nahe Zukunft. Ich denke, jeder Realist rechnet mit weiteren Einschränkungen bis weit ins Jahr 2021 hinein. Mit verhaltenem Optimismus muss sich unsere Branche neu für die Zukunft und auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen, mit denen wir noch eine lange Zeit leben müssen werden.

Am 27.8.2020 wurden erneut Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen. Wie reagieren Ihre Mitglieder auf die neuerlich beschlossenen Maßnahmen? Können digitale Events oder hybride Formate eine Lösung sein?

Die Organisation von Veranstaltungen in digitalen oder hybriden Formaten ist ein Weg der Zukunft, den wir schon beschreiten und der auch schon im Forschungsprojekt „Future Meeting Space“ aufgezeigt worden ist. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass diese Formate nur eine Ergänzung zu den physischen Treffen sind und die echte Face-to-Face-Begegnung auf Dauer nicht ersetzen können. In den letzten Monaten sind Videokonferenzen zum alltäglichen Tool geworden, an das man sich schon ganz gut gewöhnt hat. Dennoch wächst von Woche zu Woche die Sehnsucht nach echten Begegnungen – auch über das Maß hinaus, wie es derzeit erlaubt ist. Unsere Mitglieder und die gesamte Branche werden sich an die neuen Gegebenheiten anpassen – denn Gesundheit geht vor. Dennoch ist und bleibt die Situation schmerzlich für uns alle, die wir nach wie vor keine Veranstaltung wirtschaftlich darstellen können. Umso wichtiger ist der gemeinsame Appell der Veranstaltungsbranche nach finanziellen Unterstützungen des Bundes im Rahmen der Corona-Hilfspakete. Hier lassen wir nicht locker und werden uns weiterhin mit einer starken Stimme Gehör verschaffen.

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